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Psychiatrische Diagnosen: Mehr Schaden als Nutzen?

Was denkst Du bei diesen Sätzen: „Er hat eine Angststörung“, „Sie ist psychisch krank“ oder „Depressionen sind mit Antidepressiva gut behandelbar“? Entsteht da vor Deinem geistigen Auge vielleicht das Bild einer „verrückten“ Person, die völlig anders tickt als ihre Zeitgenossen und offenbar an einer „Geisteskrankheit“ leidet? Vielleicht sind Dir diese „Anderen“ sogar etwas unheimlich? Und was würdest Du über Dich selbst denken, wenn Du davon betroffen wärst?

Die Sätze entstammen einer medizinischen Sichtweise auf geistig-seelische Phänomene und klassifizieren sie als diagnostizierbare Krankheiten. Natürlich, psychiatrische Diagnosen können hilfreich sein – v.a. bei der Krankschreibung und für die Übernahme von Behandlungskosten durch die Krankenkasse. (Um eine Psychotherapie durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherten finanziert zu bekommen, muss man fairerweise „krank“ sein.) Diagnosen können aber auch stigmatisieren und ausgrenzen.

Leider impliziert die Rede von „Krankheit“ auch, dass es sich um etwas Biologisches handeln müsste, z.B. einen Mangel an Botenstoffen im Gehirn, der mit Medikamenten behoben werden könnte (oder sogar müsste) und sich dem Einfluss der betroffenen Person völlig entzieht. Dabei ist in Fachkreisen längst ein bio-psycho-soziales Modell etabliert, d.h. eine ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit.

Psychische Krisen als Wegweiser

Dem bio-psycho-sozialen Modell zufolge ist z.B. eine depressive Symptomatik ein Weckruf unseres Organismus. Ein Zeichen dafür, dass jemand sein Leben nicht so führt, wie er es eigentlich führen sollte oder wie es besser zu ihm passen würde. Vielleicht lebt er im Grunde für jemand anderen – für die Familie, für ein gutes Einkommen, für die Karriere, für den guten Ruf.

Wie fühlt sich z.B. ein introvertierter Mann, der in einem extrovertierten Beruf als Verkäufer gelandet ist und dort seine Kreativität nicht ausleben kann? Oder eine Frau, die als Kind von ihren Eltern vernachlässigt wurde und sich heute für andere aufopfert? Wie fühlt sich eine Werbe-Grafikerin, deren Chef sie regelmäßig mit Arbeit überschüttet und die nie gelernt hat, sich abzugrenzen? Oder ein junger Mann, der sich bisher über seine Leistungsfähigkeit definiert hat, wenn er plötzlich Arbeit und Freundin verliert?

Wenn die Lebensweise eines Menschen weder zur eigenen Persönlichkeit, noch zu seinen Werten und Wünschen passt, wird er sich mit der Zeit leer, lust- und antriebslos fühlen – depressiv. Zu müde und schwer, um etwas zu ändern, aber zu unglücklich, um weiterzumachen wie bisher. Eine Depression kann ihn regelrecht zwingen, eine Pause einzulegen, Dinge zu ändern, wieder auf seine Intuition zu hören und besser auf sich zu achten.

Ein anderes Beispiel: Wer über einen längeren Zeitraum jeden Tag unter Druck steht, kann eines Tages wie „aus heiterem Himmel“ eine Panikattacke erleben. Solche Angstattacken und die entsprechenden körperlichen Symptome können auch erst Monate nach belastenden Ereignissen auftreten. Ängste und Panikattacken sind also ebenfalls kein eindeutiger Hinweis auf ein „krankes Gehirn“ bzw. einen Botenstoffmangel.

Diagnosen können hilflos und abhängig machen

Der übliche Ablauf bei einer Diagnosestellung ist folgender: Wenn sich jemand über einen längeren Zeitraum schlecht fühlt, geht er zunächst zum Hausarzt. Dort erhält er meist eine Überweisung zum Facharzt für Psychiatrie, also zu einem Psychiater. Der wird ihm z.B. die Diagnose „Depression“ mitteilen und ihm als Behandlung eine Psychotherapie sowie Psychopharmaka verschreiben, um einen angeblichen „Serotoninmangel“ im Gehirn auszugleichen. (Die Serotoninmangel-Hypothese ist jedoch schon seit langem widerlegt). Auf die Selbstwirksamkeit der Betroffenen hat dieses Vorgehen erhebliche Auswirkungen:

„Wenn mir ein Neurotransmitter wie Serotonin fehlt, kann ich nichts tun, außer mein Leben lang Medikamente einzunehmen.“ „Ich bin psychisch krank und das Antidepressivum wird meine Depression heilen.“

So aussichtslos ist es aber gar nicht. „Bio-psycho-sozial“ bedeutet schließlich, dass es eben nicht nur der Hirnstoffwechsel oder die Vererbung sind, die uns das Leben schwer machen können, sondern ebenso soziale und seelische Faktoren. Und diese lassen sich mithilfe einer Psychotherapie sehr gut selbst beeinflussen. Im Gegensatz zu Antidepressiva (die nur antriebssteigernd und stimmungsaufhellend wirken, aber keine Depression „heilen“), verspricht eine Psychotherapie dauerhafte Lösungen, weil sie die Klienten ermächtigt, sich selbst und ihre Lebensweise zu verändern.

Selbsthilfe ist möglich!

Medizinische Diagnosen verstellen nur allzu leicht den Blick auf die Neuroplastizität des Gehirns und somit die Selbsthilfemöglichkeiten der Betroffenen. Unser Gehirn mit all seinen Nervenverbindungen kann sich ein Leben lang durch Erfahrungen verändern – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung.

Panikattacken, Zwangsgedanken, Schlafstörungen und sogar das Hören von Stimmen scheinen manchmal aus dem Nichts zu kommen und plötzlich im Leben aufzutauchen. Doch meistens gehen diesen Symptomen eine lange permanente Anspannung und/oder traumatische Erlebnisse voraus. Wenn man die Betroffenen fragt, finden sich fast immer gute Gründe für die aktuellen Probleme – ob in der Kindheit oder in der jüngeren Vergangenheit. Es sind Ereignisse, an die sich die Menschen nicht anpassen konnten, die sie überfordert haben. Wenn ich die Geschichten der Betroffenen höre, denke ich oft: „Kein Wunder, dass sich dieser Mensch so fühlt! Vielleicht wäre ich unter diesen Umständen nicht so glimpflich davongekommen.“

Es kann sich z.B. um die Anspannung einer jungen Mutter handeln, die bei ihrem ersten Kind alles richtig machen will, eines jungen Vaters, der nun alleine das Einkommen der Familie sichern muss, einer Frau in einer instabilen Beziehung, die sich fragt, ob ihr Partner treu ist, eines schüchternen Schülers, der täglich versucht, sich anzupassen und dazuzugehören, einer Person, die wegen der wirtschaftlichen Lage um ihren Job bangt usw. Nicht jeder bringt die psychische Ausstattung mit, die er bräuchte, um mit schwierigen Lebenssituationen umgehen zu können. Hinzu kommen die vielen persönlichen Schicksale und Tragödien: Gewalttaten oder Naturkatastrophen, der Verlust eines nahe stehenden Menschen (ob durch Tod oder Trennung), schwere körperliche Krankheiten oder Beeinträchtigungen, plötzliche Änderungen im Leben, auf die man nicht vorbereitet war, Lebensübergänge mit Zukunfts- oder Existenzängsten uvm.

Leben heißt Anpassen

Das Leben hat viele Schattenseiten. Es ist normal, dass Menschen darunter leiden und versuchen, irgendwie damit zurechtzukommen. Manchmal entwickeln sie psychische Symptome als „Lösung“. Der Weg zum Wohlbefinden ist für alle Betroffenen schwer, beängstigend und unvorhersehbar. Wenn man jedoch den Entschluss gefasst hat, an sich zu arbeiten und dafür professionelle Hilfe aufzusuchen, ist bei jeder Diagnose vieles möglich, um die Lebensqualität zu verbessern und „gesund“ zu werden. Wenn das Leiden unerträglich wird, können Psychopharmaka übergangsweise eine gute Unterstützung sein, aber sie ersparen einem letztlich nicht die Arbeit an sich selbst.

Merke: Psychiater wollen ihren Patienten helfen. Und am besten kennen sie sich nun einmal mit Medikamenten aus, daher ist das häufig ihr Mittel der Wahl.

Aber: Die Überwindung der meisten psychischen Störungen (also v.a. Angststörungen sowie leichte und mittelgradige Depressionen) ist sehr gut und nebenwirkungsarm allein mit Psychotherapie möglich!

Bitte teile diesen Artikel mit Menschen, die sich durch eine psychiatrische Diagnose verunsichert fühlen!

Die Autorin

4 Antworten

  1. Sie sprechen mir aus der Seele.
    Ich habe leider von Beginn an schlechte Erfahrungen mit Psychiatern ambulant und stationär gemacht, war emotional noch sehr jung. Und ich habe verinnerlicht, dass nur die Medikamente mir helfen. Mir wurde auch nicht erklärt, was genau gerade passiert und dass die Ursachen in der Vergangenheit liegen.
    Ich wünsche mir, dass die psychosomatischen Symptome ganzheitlicher angeschaut werden um dem Leidenden wirklich zu helfen und vor allem auch der Gesellschaft zu zeigen, dass die Menschen nicht geistig Krank sind, sondern spüren, dass ihr Umfeld (Gesellschaft, Familie, Freunde) nicht ihrer natürlichen Art entsprechen.

    1. Hallo Amelie,
      tut mir leid, dass Sie so schlechte Erfahrungen mit Psychiater*innen gemacht haben. Ich habe den Eindruck, dass sich momentan einiges in dieser Richtung verbessert und immer mehr Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen das klassische medizinische Modell hinterfragen. Man spricht ja auch nicht mehr von „geistiger Krankheit“, sondern von „Störung“. Der Begriff deutet eher darauf hin, dass das Verhältnis von (sozialen) Herausforderungen und individuellen Bewältigungskompetenzen gestört ist. Diese Sichtweise bietet m.E. bessere Voraussetzungen, um Menschen wirklich nachhaltig zu helfen.

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